DirectCoating-Technologie hat gute Chancen in der Autoindustrie; Lackierung im Prozess ist effizienter und bietet mehr Freiheit
Verbraucher legen Wert auf ein individuelles Fahrzeuginterieur mit hoher Wertanmutung und attraktivem Design. Die Automobilindustrie und ihre Zulieferer setzen deshalb auf Gestaltungsfreiheit, wollen aber auch Energieverbrauch, Logistikaufwand und Kosten bei der Herstellung der Teile reduzieren. Die Lösung für all diese Wünsche heißt DirectCoating: Diese Technologie ermöglicht eine effiziente Produktion lackierter Bauteile mit enormer Freiheit in der optischen und haptischen Gestaltung.
Heute dominieren Kunststoffe den Autoinnenraum. Herkömmlich werden die Bauteile aus einem Thermoplasten spritzgegossen und dann in einem weiteren Schritt – örtlich getrennt – lackiert, um die gewünschten optischen und haptischen Eigenschaften zu erzeugen.
Ein Werkzeug für Farbe, Oberfläche und Haptik
Beim DirectCoating-Verfahren erfolgt die Herstellung in einem einzigen Schritt. Nach der Fertigung im Spritzgießwerkzeug wird der Kunststoffträger in eine zweite, minimal größere Kavität gebracht, in die das Lacksystem mittels eines Reaction-Injection-Molding (RIM)-Mischkopfs injiziert wird. Das Ergebnis ist ein nahezu nachbearbeitungsfreies, Polyurethan (PU)-beschichtetes Bauteil mit hervorragenden Eigenschaften.
„Gegenüber dem herkömmlichen Verfahren bietet der integrierte Prozess ein großes Einsparpotenzial hinsichtlich Logistikaufwand, Energieverbrauch und Platzbedarf", erläutert Autolackexperte Dr. Jan Weikard. „Man benötigt lediglich eine Spritzgießmaschine und eine RIM-Anlage."
Fast unbegrenzte Designfreiheit
Das Bauteil selbst kann transparent, transluzent oder opak sein. Seine Oberfläche lässt sich in verschiedenen Farben lackieren, mit einer Mattlack- oder Klavierlackoptik dekorieren oder mit kratzfesten Funktionsbeschichtungen schützen. Hinzu kommen verschiedene Möglichkeiten der haptischen Gestaltung sowie der Oberflächenstrukturierung.
Hier zeigt sich ein weiterer Vorteil des DirectCoating-Verfahrens gegenüber der Sprühlackierung: Mit dem injizierten Lack können auch Konturen wie scharfe Kanten, Rundungen oder erhabene Flächen dargestellt werden, weil er die Werkzeugoberfläche detailgetreu abbildet. Eine Variante sind Feinstnarbungen mit scharf abgegrenzten Hochglanz- und Mattbereichen.
Verschiedene Oberflächen auf einem Bauteil
Ein Beispiel ist der Prototyp einer neu gestalteten Lenkradabdeckung, den Covestro auf der European Coatings Show 2017 zeigt. Die Entwicklung demonstriert die große Bandbreite an Farben, Oberflächenstrukturen und haptischen Eindrücken, die mittels DirectCoating aus einem Werkzeug am selben Bauteil darstellbar ist. Im direkten Blickfeld des Fahrers erfüllt die Lenkradabdeckung höchste optische Anforderungen.
Rohstoffe für PU-Schichten, die per DirectCoating aufgebracht werden, dürfen keinerlei Lösemittel enthalten, also auch kein Wasser. Daher werden niedrigviskose Rohstoffe benötigt, die bei 50 bis 90 °C ausreichend fließfähig sind, um die Kavität schnell genug zu füllen. Geeignet sind hierzu insbesondere aliphatischen Polyisocyanate, als Polyol-Komponente wiederum Polyester- und Polyetherdiole und –polyole sowie Polycarbonatdiole. Durch geeignete Wahl der Rohstoffe werden Lackeigenschaften wie Elastizität, Witterungsstabilität, Selbstheilungseffekt und Kratzfestigkeit festgelegt.
Präzise Füllsimulation des Lacks
Auf Basis eines von Covestro erstellten Materialdatensatzes für die Simulationssoftware Moldflow® kann die Füllung des Werkzeugs mit dem Polyurethanlack im Voraus berechnet werden. Das Simulationsmodell berücksichtigt verschiedene Einflussgrößen. Dadurch können zum Beispiel Lufteinschlüsse vermieden werden. Das Modell ist inzwischen so weit erprobt, dass Covestro seinen Kunden und deren Werkzeugbauern im Rahmen von Projekten anbietet, das optimale Anguss- und Entlüftungsdesign für die Lackkomponente zu berechnen.
Wichtig für den weiteren Erfolg der Technologie sind maßgeschneiderte Materialien, die optimale Kombination von Thermoplast und PUR-Rohstoffen, spezielles Formulierungswissen für Lacke ohne Lösemittel, der effektive Einsatz von Simulations- und Prüfverfahren sowie gute Prozesskenntnisse. Dann hat die DirectCoating-Technologie gute Chancen, sich in der Automobilindustrie durchzusetzen.
Besuchen Sie uns auf der European Coatings Show 2017 vom 4. bis 6. April in Nürnberg, Halle 4A, Stand 4A-528.
Weitere Informationen unter: www.covestro.com